Träume. Eine Langzeit-Chronik.

Mir fällt auf, dass sich für mich das Politische und das Private recht häufig in meinen Träumen trifft. Eine Langzeit-Chronik.
Tür mit Schild: "Diese Tür ist alarmiert. This door is alarmed."

2008: Willi Molterer hat ein Haar von mir 1

Ich habe innerhalb von nur einer Woche von Wolfgang Schüssel UND Willi Molterer geträumt.

Willi Molterer: In einer Chauffeur-gelenkten Limo fährt er zu einem staatstragenden Event vor. Ich stehe als sogenannte innocent Bystanderin in der Nähe und sehe ganz genau sein selbstgefälliges, dümmlich grinsendes Gesicht. In diesem Moment weiß ich: Dieser Mann führt Böses im Schilde. Ganz was Böses. Und nicht einmal sein Name ist echt! Er spielt ein falsches Spiel! 

Wolfgang Schüssel: Ich sehe ihn Collage-artig in verschiedenen Meetings, Konferenzen und Arbeitsgruppen. Er sieht jung aus und trägt statt Sakko immer nur ein weißes Hemd und modisch-bunt-breite Krawatten. Nun weiß ich – aha, auch wenn er in den Medien nicht mehr präsent ist – im Hintergrund zieht er immer noch die Fäden, und dabei ist er komplett in seinem Element.

In meinen Träumen kann ich also hinter die Fassade von öffentlichen Persönlichkeiten blicken. Bin ich ein Medium? Oder liegt es an meinem Wohnort? 

Zufällig blicke ich von meinem Balkon direkt auf die politische Akademie der ÖVP. Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht – bis ich auf meiner Laufrunde Willi Molterer und seine Frau sah – kurz nach meinem Traum über ihn. Bestimmt verlor ich beim Vorüberlaufen ein Haar. Molterer, flink kombinierend, ergriff es und benützt es seitdem als Antenne zu meinen Gedanken. Hilfe, ich werde ausspioniert! Andererseits ist ihm vielleicht nicht bewusst, dass dieser Kontakt keine Einbahn ist – durch die haarige Verbindung kann auch ich ihn spüren. Wie bei Harry Potter und Lord Voldemort. Ob sich diese Verbindung für Willi und mich als Segen oder Fluch herausstellt, wird sich weisen. Ebenso meine neue Fähigkeit als Polit-Aufdeck-Träumerin. In direktem kausalem Zusammenhang werden diese Ereignisse aber nicht stehen. Da bin ich mir jetzt schon ziemlich sicher.


2010: Willi Molterer hat ein Haar von mir 2 oder: Woher hat Berlusconi meine Nummer? 

Sie sind wieder da, die nächtlichen Besuche verstörender Politiker. Man lese und staune. Erstens. Ich sitze mit HC Strache in einer Bar, düster, viel Holz. Wir unterhalten uns, er ist sehr charmant. Wir flirten. Meine Freundinnen Astrid und Andrea sitzen in angemessenem Sicherheitsabstand neben mir auf der Bank, tuscheln, schütteln ihre Köpfe und schauen mich immer wieder bitterböse an. Da spiele ich überraschend meine Trumpfkarte aus. Scharf fahre ich HC an: „Wie ist es so, ein ekelerregender Rechtspopulist zu sein?“ Sein Gesicht verzerrt sich, er läuft rot an vor Wut. Seine suave Maske zerfällt und er kreischt in schriller Stimme etwas über Hitler und das Dritte Reich. Die Wucht dieses Ausbruchs wirft mich fast von meiner Sitzgelegenheit. Als HC meine Reaktion bemerkt, löst er sich aus seiner Raserei und setzt wieder seine publikumsträchtigere Visage auf.

Zweitens. Silvio Berlusconi ruft mich auf meinem Handy an und schimpft wie ein Rohrspatz, weil ich nicht um 19 Uhr meinen Dienst als Kellnerin bei irgendeinem seiner Events angetreten habe. Ich möchte mich rechtfertigen, weil ich ja gar nichts davon gewusst hatte! Doch das zieht nicht. Bevor ich Zeit habe herauszufinden, woher er überhaupt meine Nummer hat, ist der Traum vorbei. Oh Papi! Immer diese Missverständnisse.

Was man von diesen wirren Kreationen meines Unbewussten halten soll? Nun, Traum eins ist eindeutig. Aber Traum zwei? Sollte ich einen zweiten Bildungsweg als Gastgewerbetreibende in Italien verfolgen? Meine Handynummer ändern? Gedanken an diese Optionen lassen mich unschlüssig und leicht ausgelaugt zurück.


2019 Infinitely Ibiza

Anfang 2019 träume ich schon wieder von HC Strache. Er steht auf einem steinernen Löwenkopf und köpfelt, irgendwo an einem schönen Urlaubsort am Meer, in einen Infinity Pool. Aus der Vogelperspektive sehe ich, dass das vermeintlich edle Schwimmbad von Müllbergen umgeben ist.

Tja, und was war dann im Mai? Genau, der Ibiza Skandal. Komplett mit Villa und – Infinity Pool. 

2024 Träumen von Kamala

Leicht ausgelaugt fühle ich mich auch jetzt. Dieses Jahr, kurz vor der US-Wahl, wurde ich wieder von einem Traum heimgesucht. Er handelte von Männern, die beschließen zu sterben, als Statement, sie sind Teil einer Art Bewegung. Diese wird angeführt von einer schwarzen Frau im dunkelblauen Hosenanzug. Ich sehe, wie sie an Hals und Armen an einem Gitter befestigt wird. Jetzt wo ich das so klar vor mir geschrieben sehe, verstehe ich nicht mehr, wie ich mir einreden konnte, dass das ein positiver Traum über die Wahl von Kamala Harris war. Mal schauen, wie die Welt in vier Jahren aussieht.